15. SightCity: Mit Langstock, Lesegerät und Co. entspannt im Alltag unterwegs
Vom 3. bis 5. Mai 2017 stand in Frankfurt wieder Europas größte Fachmesse für Sehbehinderten- und Blindenhilfsmittel auf dem Programm. Zum 15. Mal zeigte die SightCity mit einer großen Ausstellung und einem dreitägigen Vortragsprogramm, wie Alltag, Beruf und Schule für sehbehinderte und blinde Menschen barrierefrei gestaltet werden können. Rund 130 internationale und nationale Aussteller präsentierten auf der Jubiläumsmesse ihre Produktneuheiten. Neben einer großen Auswahl an technischen Hilfsmitteln bot die Messe einen Überblick über die Arbeit von Verbänden sowie über Freizeit- und Bildungsangebote für Sehbehinderte und Blinde. In den Ausstellungsräumen des Frankfurter Sheraton-Hotels konnten die cirka 4.000 Besucher der SightCity sogar einen Hauch spanischer Kultur spüren. Die Kathedrale Sevillas und andere Sehenswürdigkeiten standen im Kleinformat bereit, um ertastet zu werden. Per 3D-Druck machen Reiseanbieter die Wahrzeichen beliebter Urlaubsziele bis ins Detail fühlbar und laden zu speziell geführten Touren für Sehbehinderte und Blinde ein.
Sprechende Brillen und nützliche Apps
Für viele alltägliche Aufgaben haben Hersteller praktische Lösungen entwickelt. Neben Blindenlangstock und Lupen helfen vor allem Produkte mit taktilen Hinweisen oder Sprachausgabe wie Küchenutensilien, Telefone und Uhren. Bildschirmlesegeräte punkten durch immer bessere Kameras in HD-Qualität und eine verbesserte Bedienbarkeit zum Beispiel durch die Split-Screen-Funktion für die PC-Arbeit, mit der Kamerabild und Desktop gleichzeitig angezeigt werden. Einige Kameras und Lesegeräte verfügen über eine Vorlesefunktion und ermöglichen so ein besonders entspanntes Lesen. Auch eine neue Spezialbrille mit integrierter Kamera am Rahmen kann Texte erfassen und vorlesen. Die Brille erkennt sogar zuvor gespeicherte Personen und Gegenstände und informiert ihren Benutzer darüber, was sich vor ihm befindet.
Smartphones und Tablet-PCs sind für sehbehinderte und blinde Menschen eine besonders große Hilfe. Sie verfügen über viele Funktionen wie Vergrößerung, Navigation und Texterkennung und lassen sich über die Sprachausgabe leicht bedienen. Unterwegs kann man sich zum Beispiel Speisekarten vorlesen lassen oder beim Einkauf über das Einscannen der Barcodes Produktinformationen abfragen. Und es gibt auch die Möglichkeit, sich abfotografierte Gegenstände beschreiben zu lassen. Die mobilen Geräte sind so für viele Sehbehinderte und Blinde zum unverzichtbaren Alltagsbegleiter geworden. Der Markt bietet deshalb inzwischen praktische Erweiterungen für eine einfachere Nutzung, wie spezielle Halterungen oder Schnittstellen zu bewährten Hilfsmitteln. So kann zum Beispiel eine Braille-Tastatur mit dem Smartphone verbunden werden.
Frühe Rehabilitation bei Sehverlust
An allen drei Messetagen informierte das SightCity Forum mit Vorträgen und Diskussionen zu dem Schwerpunkt „Aktive barrierefreie Teilhabe am gesellschaftlichen Leben – was bringt die Zukunft?“. Ein wichtiges Thema war die frühe Rehabilitation von sehbehinderten und von Blindheit bedrohten Menschen. Denn diese ist in Deutschland längst nicht etabliert wie etwa die Rehabilitation von Patienten nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall. Nun gibt es in Deutschland erstmals ein zwischen allen Partnern geklärtes Konzept für eine sechswöchige frühe Rehabilitation für akut erblindende Menschen im Erwerbsalter. Eine Kostenvereinbarung wird derzeit abgestimmt. Im SightCity Forum erfuhren die Besucher mehr über die Möglichkeiten einer solchen Reha. Darüber hinaus stellten Berufsbildungs- und Berufsförderungswerke ihre Angebote vor, und im „Patienten-Talk“ berichteten Betroffene über ihre persönlichen Erfahrungen von dem Moment der Diagnose an. Weitere Themen waren zum Beispiel das 2016 in Bayern neu gestartete Präventionsprogramm „Gutes Sehen in Pflegeeinrichtungen“ sowie die Chancen, die durch Smartphone und Tablet-PC für Sehbehinderte und Blinde entstehen. Das SightCity Forum wird gefördert durch die „Marga und Walter Boll-Stiftung“. Für die inhaltliche Gestaltung sind neben dem Aachener Centrum für Technologietransfer in der Ophthalmologie (ACTO) e. V. die PRO RETINA Deutschland e. V., der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) e. V. und die Berufsförderungs- und Berufsbildungswerke verantwortlich.
Berührende Kunstwerke
Die SightCity zeigt jedes Jahr auch eine kleine Kunstausstellung. Anfassen ist hier ausdrücklich erlaubt. Diesmal war die „Kunstmeile“ bestückt mit Projekten von hörsehbehinderten und taubblinden Jugendlichen aus der Lehrwerkstatt des Deutschen Taubblindenwerkes in Hannover. Künstler, die Interesse haben, auf der Messe ihre Werke zu präsentieren, können sich jetzt schon an das Organisationsteam wenden unter der E-Mail: info@sightcity.net
Anlässlich der Messe gab es auch eine Telefon-Hotline für medizinische Fragen rund um das Thema Auge. Die Hotline ist noch bis Freitag, 12. Mai von 10 bis 16 Uhr unter der Rufnummer 01805 870018 (14 ct/Min.) erreichbar.
„Die SightCity hat sich mit ihrem vielfältigen Angebot als internationaler Treffpunkt in den letzten Jahren bewährt“, erklärt Ingrid Merkl, Geschäftsführerin der SightCity GmbH und Leiterin des Messe-Organisationsteams. „Unsere Besucher schätzen vor allem den direkten Austausch mit Verbänden, Medizinern, Beratern und Herstellern. Die SightCity ist einfach mehr als nur die Vorstellung von Produkten. Sie zeigt, wie Barrierefreiheit und Teilhabe wirklich gelebt werden können.“
Die nächste SightCity findet statt vom 25. bis 27. April 2018 im Sheraton-Hotel am Flughafen Frankfurt am Main.