Trauma geht jeden an. Kongress über seelische und körperliche Wunden
Im Herbst 2010 informiert ein Kongress über Möglichkeiten der Genesung und
Neuorientierung nach traumatischen Erlebnissen. Psychische Erkrankungen, die sich als Folge seelischer und körperlicher Extremsituationen
in den Körper einschreiben, werden heute oft schlicht als psychsomatisch betitelt. Was das
genau meint, erläutert Dr. Kornelius Roth vom Förderkreis für Ganzheitsmedizin Bad
Herrenalb e. V.: "Unser Konzept versteht den Menschen als ganzheitliches Wesen.
Allerdings nicht in einem abgeschmackten esoterischen Sinne, sondern als konkrete
Dreiheit von Geist, Körper und Seele. Eine Erkrankung betrifft unserer klinischen Erfahrung
nach nie nur Körper oder Geist, sondern immer alle Ebenen. Darauf zu achten, dass
innerhalb eines therapeutischen Prozesses jeder Anteil zu seinem Recht kommt, ist
Prämisse unserer Arbeit."
Dabei geht es den behandelnden Therapeuten, die nach dem so genannten Bad
Herrenalber Modell nach Walter H. Lechler agieren, nicht um ein weltfernes Ideal von
Heilung. Vielmehr fördert man Genesung, die sich darin ausdrückt, dass für traumatische
Erfahrungen ein Platz gefunden wird, der es ermöglicht, das Erlebte zu überwinden, ohne
es zu verdrängen.
Dass der seit langem geplante Trauma Kongress "Über-Wunden", der im Oktober im
süddeutschen Bad Herrenalb stattfindet, eine ungeahnte Aktualität gewinnen würde,
bestätigt das Vorhaben. Die zahlreichen Fälle von Missbrauch durch Angestellte der
katholischen Kirche haben eine besondere Brisanz: Die Perversion der Taten liegt vor
allem darin, dass im Schutze einer Institution, die für menschliche und moralische Werte
steht, derartige Übertritte stattfinden können. Der Vertrauensverlust wiegt noch einmal
schwerer, weil die Betroffenen nicht nur das Vertrauen in sich selbst und den Täter
verlieren, sondern auch in ihren Glauben. Da der spirituelle Aspekt bei jedem Trauma eine
wichtige Rolle spielt, nimmt sich der Kongress des Themas besonders an. Jedes Trauma,
so Dr. Kornelius Roth, sei eine Begegnung mit dem Tod, eine existenzielle Erfahrung, die
quasi den Blick in eine andere Dimension ermögliche. Dieser Dimension im Alltagsleben
einen Platz einzuräumen, darum geht es bei allen Vorträgen und Seminaren des
Kongresses. Und weil ein Trauma nie nur den einzelnen Menschen betrifft, sondern immer
auch dessen soziales Umfeld, will der Verein auch Familie und Freunde informieren und
unterstützen.