Fachverlage der Zukunft verdienen an Produktivitätssteigerung, nicht an Inhalten
Köln/Frankfurt 06.10.2010. Das Verhältnis von Verlagen zu Google stand am heutigen Mittwoch im Zentrum eines Panels der Akademie des Deutschen Buchhandels auf der Frankfurter Buchmesse. Beleuchtet wurden die Chancen und Gefahren für das Verlagswesen im Zeitalter von Google. Dr. Ulrich Hermann, Vorsitzender der Geschäftsführung von Wolters Kluwer Deutschland, sprach sich dafür aus, Google als Partner und nicht als Wettbewerber zu betrachten. Ohne Dienste wie Google lasse sich der Vertrieb von elektronischen Fachinformationen schon heute nicht mehr effizient organisieren. Das Internet und mit ihm Google als scheinbar unerschöpfliche Quelle an Informationen fordern Verlage in ihrem wirtschaftlichen Handeln zunehmend heraus. Zahlreiche Vertreter des Verlagswesens sehen ihre wirtschaftliche Grundlage bedroht. Hermann widerspricht dieser Sichtweise: „Google ist dann eine Gefahr, wenn Fachverlage glauben, sie seien im Geschäft mit Inhalten. Wenn sie aber verstanden haben, dass ihre Inhalte wegen Produktivitätsvorteilen für ihre Nutzer gekauft werden und sie verstehen, wie diese Vorteile entstehen, dann ist Google kein Wettbewerber, sondern Partner.“ Hermann ist der Überzeugung, dass Fachinformationsprodukte nicht wegen der Inhalte, sondern wegen steigender Qualität und Effizienz von Arbeitsprozessen gekauft werden. Es gehe dementsprechend nicht nur darum, dass die Inhalte relevant seien, sondern die Produkte so zu gestalten, dass sie ins spezifische Arbeitsumfeld der jeweiligen Zielgruppe passen.
Laut Hermann kann und will Google eine derartige Leistung gar nicht erbringen: „Google ist die globale Plattform, ein Marktplatz, auf dem Inhalte allgemein verfügbar gemacht werden, nicht aber mit Blick auf einen spezifischen fachlichen Kontext organisiert werden.“ Der Vorsitzende der Geschäftsführung von Wolters Kluwer Deutschland ist daher der Meinung, Fachverlage müssten prüfen, ob, wo und wie ihre Produkte kombinierte Zeit- und Qualitätsvorteile liefern. „In der alten Printwelt war die Bereitstellung von Inhalten das Geschäftsmodell der Verlage. Das funktioniert heute nicht mehr. Die ‚Vorratshaltung’ von Inhalten für den Fall einer zukünftigen Nutzung hat als Geschäftsmodell ausgedient. Inhalte sind verfügbar, wann immer sie benötigt werden - bei Wikipedia, Google und Co.“, so Hermann. „Wer sein Geschäftsmodell unverändert auf das Erschließen von Inhaltsquellen und die Verteidigung von Urheberrechten ausrichtet, statt seine Kraft auf die effiziente und kontextorientierte Nutzung seiner Inhalte zu verwenden, verliert im Wettbewerb zu Google.“