IFAT CHINA 2008: Private Betreiber als Partner der chinesischen Wasserwirtschaft
Sowohl in der Trinkwasserversorgung als auch in der Abwasserentsorgung vergeben chinesische Kommunen Konzessionen an kompetente Wirtschaftspartner. Die langfristigen Betreibermodelle sind eine Chance für internationale Unternehmen im Reich der Mitte ins Geschäft zu kommen. Eine Möglichkeit hierzu bietet auch die Umweltmesse IFAT CHINA, die von 23. bis 25. September 2008 im Shanghai New International Expo Centre stattfindet.
Das elfte Fünfjahresprogramm der Volksrepublik China sieht für den Zeitraum 2006 bis 2010 im Wassersektor einen Investitionsbedarf von umgerechnet rund 95 Milliarden Euro vor. Davon entfällt ungefähr je ein Drittel auf Verbesserung der Qualität der Wasserressourcen, der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung. Die chinesische Regierung plant, maximal die Hälfte dieser Summe selbst zu finanzieren, der Rest soll von privaten Investoren getragen werden.
Vor diesem Hintergrund haben Public Private Partnerships (PPP) in China schon seit einigen Jahren eine große Bedeutung. Unter PPP versteht man die langfristig vertraglich geregelte Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft, die viele Formen annehmen kann. In der Wasser- und Abfallwirtschaft Chinas sind Betreibermodelle gefragt. In den meisten Fällen handelt es sich hierbei um BOT (Build, Operate, Transfer)- oder TOT (Transfer, Operate, Transfer)-Projekte.
Bei BOT-Projekten stellt der private Sektor die Entwicklung, Finanzierung und Errichtung sowie den Betrieb des Projektes sicher, während das Eigentum am Projekt in der Hand des chinesischen Staats bleibt. Refinanzierung und Gewinne werden durch die Erhebung von Gebühren erwirtschaftet.
Bei einem TOT-Projekt zahlt der Investor der für den Betrieb einer existierenden Anlage zuständigen Behörde eine bestimmte Geldsumme, um für einen vertraglich beschränkten Zeitraum die Anlage zu betreiben. Wie bei BOT refinanzieren auch hier die (Wasser- und Abwasser-)Gebühren das Vorhaben.
Neben den Markt führenden französischen Wasserkonzernen Veolia Water und Suez ist auch Berlinwasser mit derzeit drei Betreiber-Projekten im Reich der Mitte aktiv. So hat das deutsche Unternehmen zum Beispiel im Rahmen eines BOT-Vertrags in Nanchang, der Hauptstadt der Provinz Jiangxi im Südosten Chinas, eine Kläranlage gebaut und im Jahr 2004 in Betrieb genommen, die das Abwasser von rund einer Million Menschen reinigt. Das Investitionsvolumen betrug 30 Millionen Euro bei einer Vertragslaufzeit von 20 Jahren.
Im selben Jahr haben die Berliner über eine Projektgesellschaft nach dem TOT-Modell eine Abwasserreinigungsanlage in Hefei, der Hauptstadt der ost-chinesischen Provinz Anhui, gekauft und optimiert. Der Vertrag sichert dem deutschen Unternehmen und seinen Partnern die Betriebsführung der Kläranlage für 23 Jahre.
Die Eigenkapitalrendite bei BOT- und TOT-Projekten in China liegt nach Angaben von Berlinwasser zwischen marktüblichen 13 und 17 Prozent. „Zentrale Voraussetzung für erfolgreiche Betreiber-Projekte sind das mit der chinesischen Seite aufgebaute Beziehungsmanagement, die Bekanntheit der Marke und selbstverständlich das Tenderergebnis“, erläutert Berlinwasser-Sprecher André Beck. „BOT- und TOT-Projekte werden in China in der Regel ausgeschrieben. Was zählt sind Preis, Qualität, Langfristigkeit des zu erwartenden Engagements sowie die Erfüllung umfangreicher weiterer Anforderungen, unter anderem die Bereitschaft, Qualifikation und Know-how zu transferieren.“
Neben den Betreibern besteht bei BOT-Projekten auch für internationale Technologie- und Komponenten-Anbieter die Möglichkeit, ins Geschäft zu kommen. So hat Berlinwasser International bei der Kläranlage in Nanchang die wichtigsten Komponenten mit deutscher Technologie bestückt.
Nach Angaben der Bundesagentur für Außenwirtschaft (Bfai, Köln) haben neben den großen Wasserkonzernen in jüngster Zeit chinesische wie internationale Funds den Abwasserbereich ins Visier genommen. Für ihre BOT-Projekte holen sie sich Technologieanbieter und Betreiber ins Boot. Diese Aufstellung könnte neue Möglichkeiten für kleinere Technologie-Anbieter schaffen, die bislang wegen mangelnder Finanzkraft bei entsprechenden Projekten nicht zum Zug kamen.
Eine Einschätzung, die der China-Experte Volker Karl von der KfW Entwicklungsbank (Frankfurt/M.) allerdings nicht teilt: „Mir sind bei meiner Arbeit in der Volksrepublik bislang noch keine wirklich seriösen Funds untergekommen, zumal zu bezweifeln ist, dass das Wasser- und Abwassergeschäft in China die von den Funds geforderten Renditen erbringt.“ Seiner Meinung nach haben – unabhängig von den großen, langfristigen PPP-Projekten – internationale Anlagenbauer aber gute Marktchancen in China; vor allem dann wenn sie bereit sind, zum Beispiel Kläranlagen nicht nur zu bauen, sondern sie auch einige Monate zu betreiben. „Die Chinesen können im Moment gar nicht so schnell eigenes, geschultes Personal bereitstellen, wie Kläranlagen entstehen. Unternehmen, die in der Startphase des Kläranlagenbetriebs Hilfestellung leisten können, sind bei der Auftragsvergabe klar im Vorteil“, erläutert Volker Karl.
Parallel zur IFAT CHINA 2008 findet in den Hallen E4 und E5 des Shanghai New International Expo Centres zum vierten Mal die analytica China, die Internationale Fachmesse für Instrumentelle Analytik, Labortechnik und Biotechnologie, statt. Weitere Informationen gibt es unter http://www.analyticachina.com/
Autorin: Sabine Wagner
Firma: Messe München International GmbH
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