Bourns stellt einen Lenkwinkelsensor her, der auf die speziellen Bedürfnisse der Nutzfahrzeugindustrie eingeht und insbesondere auch den vielfältigen Varianten im Lkw-Geschäft Rechnung trägt. Die Einführung der elektronischen Stabilitätskontrolle hat im Pkw zu einer deutlichen Reduzierung der Zahl der Verkehrsopfer und Unfallzahlen geführt. Als Folge dieser Tatsache passt sich in mehreren Ländern die Legislative den technischen Möglichkeiten an und wird in naher Zukunft die elektronische Stabilitätskontrolle
gesetzlich für alle Fahrzeuge vorschreiben. Für alle Fahrzeuge? Ja, speziell auch im Nutzfahrzeugbereich sind deutliche Verbesserungen der Unfallstatistiken durch die Einführung der Stabilitätskontrolle zu erwarten und daher wird diese auch dort gesetzlich vorgeschrieben werden. Sogar in den USA, wo sich selbst ABS im Nutzfahrzeug nie richtig durchsetzen konnte, werden gesetzliche Vorschriften erwartet, die für Lkw die Verwendung der Stabilitätskontrolle vorschreiben.
Wie funktioniert elektronische Stabilitätskontrolle? Sensoren, die den Ist- Zustand des Fahrzeugs bezüglich der Bewegung erfassen, ermöglichen über den Vergleich mit einem rechnerisch stabilen Zustand einen Eingriff in die Fahrdynamik. Die Erfassung der Daten geschieht über mehrere Sensoren. Vor allem ist es dabei natürlich wichtig, den Fahrerwunsch zu kennen. Daher ist einer der wesentlichen Sensoren der Lenkwinkelsensor, der den Lenkradeinschlag erfasst und an das Steuergerät weitergibt. Die Stabilitätskontrolle kann dann im Fahrzeug bei Bedarf gezielt Änderungen des Fahrzeugzustandes herbeiführen. Stand der Technik ist es, gezielt einzelne Räder oder das Fahrzeug insgesamt abzubremsen, um einen stabilen Fahrzustand wiederherzustellen. Weitergehende Systeme können auch aktiv einen zusätzlichen Lenkeinschlag herbeiführen, um das Fahrzeug „auf der Straße zu halten“. Bei Nutzfahrzeugen ist die Zahl der Parameter, die berücksichtigt werden
müssen, naturgemäß größer. Hier sind Knickwinkel und Beladungszustand wichtige Einflussgrößen, die im Pkw so nicht vorkommen, die aber andererseits auch weitere Eingriffsmöglichkeiten für das Kontrollsystem bieten. Seit 2003 liefert Bourns Sensors für mehrere Fahrzeugtypen elektronische Lenkwinkelsensoren, die den Lenkradeinschlag in den Fahrzeugen messen. Diese Sensoren übermitteln typischerweise 100 mal pro Sekunde (in manchen Fällen bis zu 1 000 mal pro Sekunde) den aktuellen Lenkradeinschlag sowie die Geschwindigkeit, mit der das Lenkrad eingeschlagen wird.
Stabilitätskontrolle im Lkw
Bourns übertrug nun die im Pkw bewährte Technologie auf den Lkw. Ziel dabei war
es, neben den zusätzlichen funktionalen Anforderungen auch die niedrige Ausfallwahrscheinlichkeit nach SIL-3 (ISO-61508) aus den verschiedenen Pkw-Sensor- Produktlinien auf den Lkw zu übertragen. Zusätzlich mussten einige neue Anforderungen an die veränderten Bedingungen im Lkw berücksichtigt werden.
Auf der elektrischen Seite betrifft dies vor allem den Eingangsspannungsbereich
(Europa 24 Volt, USA auch 12 Volt) mit allen Konsequenzen bezüglich der leitungsgebundenen Störungen, wie sie für die automobile Lkw-Umgebung gefordert sind. Wegen der Kleinheit des Gehäuses (der Lkw-Sensor entspricht in seinen äußeren Abmessungen weitestgehend dem Industriestandard für Pkw) wurde der Schritt vom Linearregler zum Schaltregler vollzogen. Dabei war zu beachten, dass die Schaltreglerfrequenz wegen der Nähe zu drahtlosen Kommunikationsfrequenzen
(Stichwort Wegfahrsperre) angepasst werden musste. Damit ist es möglich, den Lenkwinkelsensor mit weniger als 50 Milliampere Stromaufnahme zu betreiben. Es
konnte erreicht werden, dass der Sensor auch im Lkw keinen Ruhestrom (‚dark
current’) benötigt. Trotzdem ist der erste übermittelte Messwert (etwa 0,2 Sekunden nach Anlegen der Spannung) der richtige Winkelwert, ohne dass eine Kalibrierung oder Abgleich mit anderen Sensoren nötig ist. Nur einmal im „Leben“ des Sensors, nämlich beim Einbauen in das Fahrzeug muss dem Sensor mitgeteilt werden, dass er sich in Stellung null Grad befindet. Speziell für den amerikanischen Markt
sind auch die geforderten Werte bezüglich elektromagnetischer Ein- beziehungsweise Abstrahlungen besonders eng toleriert. Dies ist ein Tribut an die
Erfahrungen mit ABS Systemen aus den 70/80er Jahren einerseits und speziell
auch an die in den USA besonders großen Distanzen, die die Lkw Fahrer mit Sprechfunk überbrücken und den damit verbundenen extrem großen Funkleistungen.
Wie auch im Pkw ist eine der Anforderungen im Lkw, den gesamten Drehwinkelbereich des Lenkrades eindeutig zu erfassen und messen zu können.
Dieses so genannte „Multiturn“ Signal kann eindeutig unterscheiden, ob ein Lenkrad um eine, zwei oder auch acht Umdrehungen gedreht wird. Im Pkw ist hier die Anforderung typischerweise bei ± zwei Umdrehungen, also vier Umdrehungen insgesamt oder 1 440 Grad. Lkw haben aber normalerweise Lenkungen mit bis zu ± vier Umdrehungen, also insgesamt acht Umdrehungen, daher sind die Anforderungen an den Gesamtwinkelbereich für den Lenkwinkelsensor im Lkw verdoppelt. Eine wichtige Forderung hier ist aber auch, dass dieser Winkelbereich mit ähnlicher Auflösung (0,1 Grad) wie im Pkw sensiert werden kann. Der Lkw Lenkwinkelsensor von Bourns kann also mit fast 3 000 Grad Winkelbereich und mit einer Auflösung von besser als 0, 1 Grad aufwarten und hat im Vergleich mit Wettbewerbern hier sicher die „Nase vorn“. Um diesen großen Winkelbereich überstreichen zu können, wird ein magnetisches Messsystem eingesetzt, das – wie auch im Pkw – komplett redundante Signale von zwei unabhängig von einem
Mittenzahnrad gedrehten Zahnrädern auswertet. Bei der magnetischen Sensorik
wurde auf die bewährten AMR Sensoren zurückgegriffen, die sowohl mit robuster Schaltung vermessen werden kann (dies eröffnet die Möglichkeit, die komplette Eigendiagnose im μC durchzuführen), die aber auch sicher und stabil produziert werden kann (ohne die bekannten Produktprobleme mit Dünn- und Mehrschichttechnologie wie zum Beispiel bei der GMR-Sensorik). Besonders wichtig für den Einsatz im Lkw ist auch die Tatsache, dass das patentierte Bourns Sensorprinzip ohne Hysterese arbeitet. Dadurch muss die Steuergeräte-Elektronik nur mit den Hystereseeffekten aus dem Lenksystem selbst rechnen. Der Sensor bringt keine zusätzliche Hysterese und Unsicherheit in den Algorithmus der Stabilitätskontrolle ein. Diese Hysteresefreiheit konnte auch über die acht Umdrehungen realisiert werden. Weitere, bislang auf dem Markt neue, Features wurden in der Software umgesetzt; so können die Sensoren in verschiedensten
Busprotokoll-Umgebungen verwendet werden, was besonders im Lkw-Bereich mit seiner sehr großen Variantenvielfalt von Wichtigkeit ist. Dies betrifft insbesondere proprietäre Protokolle sowie das J1939 Standardprotokoll als auch die Baud-Raten. Beides kann an ein und demselben Sensor umgeschaltet werden. Ein wichtiger Parameter ist die Beibehaltung der Gehäuseform. Diese wurde vom Kunden weitestgehend dem bewährten Standard-Gehäuse nachempfunden, sodass er für weniger anspruchsvolle Systeme auch auf den Standard-Lieferanten zurückgreifen
kann, wenngleich mit deutlichen Funktionseinbußen und zu höheren Preisen.