Junge Karrierefrauen im ländlichen Raum Sie kochen, backen, säen und ernten. Ganze Generationen von Bäuerinnen wurden auf diese Klischees reduziert. Natürlich versorgten die Landfrauen in der Nachkriegszeit die Menschen auf dem Hof. Entbehrungsreich und körperlich anstrengend war ihr Arbeitsalltag. Eine eigene Stimme besaßen sie ebenso wenig wie Freizeit. Inzwischen gingen über 60 Jahre ins Land und die Agrarwelt durchlebte einen dynamischen Wandel. Statt Gummistiefeln und Mistgabeln erleichtert längst Hightech in Form von Computern und GPS die Arbeit auf dem Feld und im Stall. Diese moderne Technik muss richtig eingesetzt werden. Das erfordert Wissen auch auf anderen Gebieten, wie der Informatik und Betriebswirtschaft. Trotzdem bleiben landwirtschaftliche Berufe naturnah. Sie sind längst nicht mehr so kräftezehrend, dafür aber inhaltlich anspruchsvoller und bieten gerade für Frauen interessante Perspektiven.
Seit 1948 vertritt der Deutsche LandFrauenverband (dlv) die Interessen aller auf dem Lande lebenden und arbeitenden Frauen. Bundesweit engagieren sich allein circa 500.000 Frauen in mehr als 12.000 Ortsvereinen. Insgesamt gibt es 22 Landes-LandFrauenverbände und rund 430 Kreisvereine des dlv. Der Thüringer Landfrauenverband e.V. wurde erst vor 17 Jahren gegründet. Von einst 33 aktiven Frauen wuchs der Verein inzwischen auf rund 3.500 Mitglieder an. Damit zählt er zu den stärksten Verbänden im ländlichen Raum und ist in 186 derzeit bestehenden Ortsvereinen und vier Kreisvereinen organisiert. Auf Bundes- und Länderebene verfolgen die Landfrauenverbände die gleichen Ziele. Es geht um die Förderung ihrer gesellschaftlichen und berufsständigen Stellung, aber auch um Infrastrukturentwicklung sowie Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit. Heutige Bäuerinnen treten als Botschafterinnen für die Landwirtschaft, Ernährung und Gesundheit auf. Sie werben für Urlaub auf dem Land, vermarkten ihre Produkte auf den eigenen Höfen und sie machen immer öfter Karriere. Das strebt auch die junge Biotechnologin Jana Stolzenburg an. Die 23-jährige Landfrau stellte die Weichen für ihre berufliche Zukunft ganz bewusst: „Weil die Landwirtschaft nicht mehr nur aus Ackerbau und Viehzucht besteht, oder als Lebensmittelmarkt. Unsere Zukunft ist geprägt von wachsendem Umweltbewusstsein, das bedeutet auch Forschung und Entwicklung in dem Bereich Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen für Biogas, Bioethanol und die Chemische Industrie.“ Hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sieht die Biotechnologin für sich auf dem Land größere Chancen: „Im ländlichen Raum ist es häufig so, dass junge Familien nicht allein auf sich gestellt sind. So verbringt ein Kleinkind von einem berufstätigen Paar auch Zeit mit der Familie im weiteren Sinne, denn Oma und Opa sind auch Familie. Außerdem denke ich, dass durch die Naturnähe die Menschen ausgeglichener sind und das wirkt sich wiederum sehr auf das Miteinander aus und es ergibt sich eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie.“ Sie muss es wissen, schließlich war sie selbst ein „Landkind“. Bevor Jana Stolzenburg an eine eigene Familie denkt, will sie beruflich Fuß fassen. Dafür geht sie jetzt für ein halbes Jahr nach Bayern. In fünf Jahren sieht sie sich dort, wo sie gebraucht wird. „Ich möchte im Labor Durchbrüche in der Biotechnologie erzielen, ob nun in medizinischer oder umwelttechnischer Richtung. Zurzeit tendiere ich in Richtung Biogas, habe mich aber auch schon mit dem Aspekt der Mykotherapie beschäftigt“, sagt sie und hofft, ihr Karriereziel in Thüringen, in der Nähe ihrer Familie erreichen zu können.