Composites in der Flugzeugindustrie – Anteil an CFK steigt
Spezielle Heiztechnologie hilft, Strukturbauteile aus kohlefaserverstärkten Kunststoffen effizient zu fertigen Wenn Jens Brandes, Geschäftsführer der Fibretech Composites GmbH aus Bremen, prognostiziert, Flugzeuge würden in den kommenden Jahren immer „schwärzer“ werden, dann meint er das überhaupt nicht negativ. Im Gegenteil: „Der Anteil an Strukturen aus kohlefaserverstärkten Kunststoffen wird weiter zunehmen“, ist er sich sicher. Deshalb seien Entwickler von optimierten Produktionsverfahren gefragt, denn der Aufwand zur Herstellung von großflächigen Strukturbauteilen wie Rumpfsegmenten aus CFK mit der aktuellen Prepreg/Autoklav-Technologie sei immens. Mit der so genannten CFK-Heiztechnologie hat das Bremer Unternehmen eine entsprechende Innovation im Angebot. Auf der diesjährigen COMPOSITES EUROPE (23. bis 25. September 2008, Essen) wird sie präsentiert.
„Unter der Vorraussetzung, dass die geforderten Werkstoffkennwerte erreicht werden, ist die Harzinfusion in beheizbaren Formenwerkzeugen eine kosteneffiziente Alternative als Fertigungstechnologie für große CFK-Strukturbauteile. Mit unserer zum Patent angemeldeten CFK-Heiztechnologie wollen wir hier einen Beitrag leisten“, so Brandes. „Diese Technologie zur Beheizung von Kunststoff-Formen wird in der Luftfahrtindustrie zur Herstellung von Innenraumverkleidungen und anderen Interieur Bauteilen verwandt, mittlerweile aber auch zum Preforming von Prepregs eingesetzt“, erläutert der Experte. Zusammen mit der Fachhochschule Dortmund habe sein Unternehmen die CFK-Heiztechnik im vergangenen Jahr intensiv weiterentwickelt, und könne nun komplette Systeme mit passender Hardware zur Beheizung und Regelung anbieten.
„Auf Basis bestehender Erkenntnisse zur Verwendung von Kohlefaser als Widerstandsheizung wurde diese Technologie zur Serienreife geführt“, berichtet Brandes. Positiver Effekt der kurzschlusssicheren Beheizung sei eine extrem hohe Energieeffizienz. Mit nur 100 Watt pro Quadratmeter werde eine Temperatur von 90 Grad Celsius erreicht. Weitere Vorteile: Der Wärmeverzug der Formen liege bei annähernd Null, die Wärmeentwicklung entstehe direkt an der Formenoberfläche wo sie benötigt werde und die beheizende CFK-Deckschicht ergäbe gleichzeitig die strukturelle Festigkeit der Form, zählt der Geschäftsführer auf.
Die Technologie wird bei der Herstellung von Innenraumverkleidungen für die Lufthansa Technik AG eingesetzt. Die Panels werden in Wabensandwichbauweise hergestellt. Um höchsten Qualitätsanforderungen zu genügen und um reproduzierbare Ergebnisse zu erreichen werden die Decklagen mit definiert getränkten Geweben, so genannten Prepregs, aufgebaut. Brandes erklärt: „Diese Prepregs benötigen eine Temperatur von zirka 100 Grad Celsius zur Aushärtung. Um Energiekosten zu sparen und ein ständiges Transportieren der Formen in eine Temperkammer zu umgehen, fertigen wir in beheizbaren Kunststoffformen.“
Doch dies soll nicht das einzige Highlight am Stand des Hightech-Unternehmens sein. Die Bremer wollen auf der Fachschau in Essen zudem ein Innenüberdruckverfahren zur Verdichtung von Laminaten vorstellen. Es kommt beim Bau einer Traverse aus Carbon zur Aufnahme und Führung von Messfühlern im Airbus-Windkanal zum Einsatz. Dabei werden die Laminate während der Aushärtung mit neun Bar Überdruck verpresst. Die in Zusammenarbeit mit der in Varel ansässigen Deharde Maschinenbau Helmut Hoffmann GmbH entwickelte Traverse, weist auf Grund der Verwendung von UHM-Kohlefaser-Rovings, vorwiegend in unidirektionaler Ablagerichtung eingebracht, eine extrem hohe Biegesteifigkeit auf.
Fibretech Composites liefert für die Luftfahrtindustrie vornehmlich Interieurbauteile und Verfahrenstechnik. In kleinerem Umfang werden auch Strukturbauteile und Messpositioniervorrichtungen sowie Equipment aus CFK für die Windkanaltechnik angeboten. „Wir fertigen beispielsweise komplette Innenraumverkleidungen, so genannte Liningsätze, für VIP-Flieger der Lufthansa Technik AG. Die CFK- Heiztechnologie liefern wir an diverse Hersteller aus dem Luftfahrtbereich“, erzählt Brandes. Zurzeit erwirtschaftet sein Unternehmen mit luftfahrtspezifischen Bauteilen und Produktionstechnologien rund 18 Prozent vom Gesamtumsatz.
„Auf der COMPOSITES EUROPE 2007 in Stuttgart hat uns der hohe Anteil an sachkompetenten Besuchern überrascht. Im Verlauf der Messe ergaben sich viele Kontakte zu Entscheidungsträgern aus den Bereichen Faserverbund, der Luft- und Raumfahrt und der Industrie“, erinnert sich der Geschäftsführer. „Für uns ist die COMPOSITES EUROPE die wichtigste Messe im Bereich faserverstärkte Kunststoffe und Leichtbau im deutschsprachigen Gebiet. Neben der guten Präsenz von Halbzeugzulieferern interessieren uns Neuerungen auf dem Gebiet der Fertigungs- und Automatisierungstechnik.“