TerraTec schlägt Brücke zum Wachstumsmarkt Osteuropa Die größte Volkswirtschaft auf dem Balkan boomt. Rumäniens Wirtschaft wächst jährlich rund sechs Prozent. Eine der größten Herausforderungen ist dabei, Umweltschutz und wirtschaftliche Interessen unter einen Hut zu bekommen. Beispielsweise gibt es eine Abfallentsorgung derzeit fast nur in den Städten. Auf dem Land profitieren davon lediglich circa zehn Prozent. Allein für das Umsetzen nationaler Abfallmanagementkonzepte in Rumänien schätzen Experten die Kosten auf 3,8 Milliarden Euro. Ein riesiger Markt vor allem für den Umwelttechnik-Exportweltmeister Deutschland. Gebraucht werden Vermittler, die aus den osteuropäischen Anforderungen und dem deutschem Know-how eine passende Schnittmenge filtern. Die richtigen Partner müssen an einen Tisch, bevor Lösungen gemeinsam erarbeitet werden können - zum Beispiel auf dem "Marktplatz der Märkte" der Umweltmesse TerraTec (27. bis 29. Januar 2009).
Deutsche Anbieter von Umwelttechnik und Nachfrager in Osteuropa zusammenzubringen, diese Brückenfunktion übernimmt seit 2003 das "Internationale Dialogzentrum Umwelt und Entwicklung e.V." (IDCED) mit Sitz in Magdeburg. Mit seinen Kooperationspartnern in den neuen EU-Mitgliedsländern in Mittel- und Osteuropa unterstützt der Verein den Aufbau leistungsfähiger Infrastrukturen in der Wasser-, Abfall- und Energiewirtschaft sowie die Umsetzung umweltorientierter Unternehmenskonzepte in der Wirtschaft. IDCED ist ein Netzwerk aus deutschen Institutionen und nationalen Akteuren vor Ort. Geschäftsführer Dr. Hans-Peter Barkenthien: "In unserem Beirat arbeiten Vertreter der Ministerien sowie von Arbeitgebern und kommunalen Spitzenverbänden aus Deutschland und den osteuropäischen Partnern auf Augenhöhe zusammen."
Barkenthien bekräftigt, dass es dem IDCED darum geht, eine Zusammenarbeit zu initiieren, die beiden Seiten etwas bringt. Deshalb bildet der Input aus den Ländern selbst die Basis der IDCED-Arbeit. Der Verein hilft bei Anträgen zur Finanzierung von Umweltprojekten und übernimmt die Rolle des Vermittlers zwischen deutschen Unternehmen und ausländischen Kommunen. Er informiert über Ansatzpunkte für Kooperationen und erleichtert damit deutschen Unternehmen den Zugang zu den Umweltmärkten der neuen EU-Mitgliedsländer. Das funktioniert meist über Informations- und Kontaktveranstaltungen sowie Fachtagungen vor Ort oder auch in Deutschland.
Erfolgreiche Kooperationen anbahnen
Aktuelles Beispiel dafür ist das internationale Informations- und Kontaktforum auf der TerraTec (27. bis 29. Januar 2009), der "Marktplatz der Märkte". Als Partner der Messe bringt der IDCED bereits zum dritten Mal deutsche und osteuropäische Akteure zusammen. Länderschwerpunkt 2009 ist Rumänien - das Land präsentiert sich mit einem Gemeinschaftsstand und Veranstaltungen auf dem "Marktplatz der Märkte" und im Congress Center Leipzig. Außerdem kommt der rumänische Umweltminister Attila Korodi zur Eröffnungsveranstaltung der TerraTec am 26. Januar 2009.
Mit 22 Millionen Einwohnern ist Rumänien der zweitgrößte osteuropäische EU-Mitgliedsstaat. Das Land verzeichnete in den vergangenen Jahren ein rasantes Wirtschaftswachstum. Um den steigenden Energie- und Ressourcenbedarf, einen höheren Lebensstandard und wachsende Produktionsraten nachhaltig und umweltverträglich auszugestalten, steht die rumänische Politik vor der großen Aufgabe, eine entsprechend anspruchsvolle Umweltgesetzgebung vor dem Hintergrund des geltenden EU-Rechts zu erarbeiten. Ein enormes Arbeitspaket, wie einige Beispielzahlen zeigen: Bis 2017 müssen 251 Deponien, die nicht den EU-Anforderungen genügen, geschlossen und gleichzeitig neue Entsorgungsmöglichkeiten geschaffen werden. Bis 2018 soll die sogenannte "Kommunale Abwasserrichtlinie 91/271/EWG" umgesetzt werden. Bestehende Abwasserbehandlungsanlagen müssen erweitert und modernisiert, neue Anlagen gebaut werden.
Herausforderung Strukturwandel
Im Klartext heißt das, dass im Abfallbereich getrennte Sammelsysteme, Transportstationen und Sortieranlagen gebaut werden müssen. Gebraucht werden ebenso Kompostierungsanlagen sowie Elektro- und Elektronikschrott-Sammelzentren. In der Wasserwirtschaft stehen der Bau neuer Abwasserbehandlungsanlagen und die Modernisierung bestehender Anlagen an. Bisher sind nur 52 Prozent der Kommunen an das Wasser- und Abwassernetz angeschlossen. Die Trinkwasserqualität ist noch immer schlecht, in vielen Gegenden fehlen Abwassersammlungs- und Aufbereitungsanlagen. 2007 wurde mit der Erneuerung der Wasser- und Abwassersysteme in 1.200 Dörfern begonnen. Für 60 Großprojekte ist bei der EU finanzielle Förderung beantragt. Barkenthien: "Für alle Bereiche der Ver- und Entsorgungswirtschaft suchen wir Unternehmen, die Komplettlösungen anbieten, genauso wie Unternehmen in speziellen Nischenbereichen. Ich erfahre im Gespräch mit osteuropäischen Partnern immer wieder, dass die Mithilfe der deutschen Wirtschaft bei der Umsetzung der geplanten Vorhaben ausdrücklich erwünscht ist."
Großer Informationsbedarf
Dafür besteht auf beiden Seiten viel Informations- und Gesprächsbedarf, dem die TerraTec mit ihrem speziellen Fachprogramm ein optimales Forum bietet. Schließlich ist bei allen Geschäften auch und vor allem der persönliche Kontakt ausschlaggebend. "Man braucht ein gutes Gefühl, um miteinander arbeiten zu können - vor allem in Märkten, in denen man nicht zu Hause ist", erklärt Umweltfachmann Barkenthien. Das bestätigt Beate Rohde von der Sachsen Wasser GmbH aus Leipzig. "Die TerraTec ist für uns eine wichtige Plattform, um Kontakte zu knüpfen oder aufzufrischen. Wir engagieren uns deshalb seit mehreren Jahren aktiv auf der Messe, unter anderem innerhalb des Fachprogramms." Als 100-prozentige Tochter der KWL - Kommunale Wasserwerke Leipzig GmbH realisiert die Sachsen Wasser GmbH unter anderem Projekte in den osteuropäischen EU-Ländern. Gefragt nach den Erfolgsfaktoren, sagt Beate Rohde: "Ein Pluspunkt ist sicherlich, dass wir von unseren eigenen Erfahrungen über die Umstrukturierungen nach 1990 berichten können." Die Kollegen aus Osteuropa stünden heute vor ganz ähnlichen Herausforderungen und Transformationsprozessen wie damals ostdeutsche Firmen im Umweltsektor.
Dass der osteuropäische Umweltmarkt und eine kompetente Beratung vor Ort reales Umsatzpotenzial haben, zeigt das sächsische Unternehmen M&S Umweltprojekt GmbH aus Plauen. Es agiert erfolgreich im europäischen Osten und hält drei Repräsentanzen in Litauen, Russland und Tschechien. Die Plauener sind als Spezialisten für Ingenieur-, Labor- und Vermessungsleistungen unter anderem im Bereich Altlasten, Deponien und Wasser/ Abwasser gefragt.
Verstärkte Auflage von Umweltförderprogrammen vor Ort
Neben nationalen Unterstützungsmöglichkeiten wie von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt oder dem Bundesumweltministerium engagieren sich mehr und mehr auch die Regierungen in den neuen EU-Staaten und legen spezielle Förderprogramme auf. So will das tschechische Umweltministerium Abfalltrennung und Recycling fördern und gleichzeitig die Deponiehaltung einschränken, meldet der Dow Jones Ostwirtschaftsreport vom 23. September 2008. Unter anderem sollen Gebühren für gelagerte Abfälle anziehen. Dies steigere die Nachfrage nach Recyclingtechnologien aller Art, nach Kompostierungsvorrichtungen und Biogasanlagen – EU-förderfähige Projekte. Deutsche Technologien hätten nach Auskunft von Branchenexperten gute Chancen, vor allem, wenn sie technischen Fortschritt böten. Rumänien muss nach Angaben des rumänischen Umweltministeriums bis 2015 rund 2,7 Milliarden Euro zur Umsetzung seiner Strategie für die Nutzung erneuerbarer Energiequellen investieren, davon zwei Milliarden Euro auf dem Wege von Direktinvestitionen. Dafür hat die rumänische Regierung Förderprogramme aufgelegt.
Internationales Kontaktforum "Marktplatz der Märkte":
Durchblick im Förderdschungel
Um die unterschiedlichen Möglichkeiten der Unterstützung von Umweltprojekten in Osteuropa geht es beim internationalen Kontaktforum der TerraTec. Außerdem werden Investitionsbedarf, Markteintrittsmöglichkeiten und Rahmenbedingungen in den Bereichen Abfall-, Wasser- und Energiewirtschaft unter die Lupe genommen. Es sprechen Vertreter aus Ministerien, von Branchen- und Arbeitgeberverbänden sowie kommunalen Spitzenverbänden aus mittel- und osteuropäischen Ländern.
Mit diesem Fokus liegt die TerraTec auf einer Welle mit der Bundesregierung. Im März dieses Jahres startete RETech, eine spezielle Exportinitiative "Recycling und Effizienztechnik" des Bundesumweltministeriums. Damit will die Bundesregierung die Exportchancen für die deutsche Umwelttechnik weiter verbessern. Im Vorfeld der 8. Sitzung der deutsch-rumänischen Umweltkommission am 10. September 2008 in Potsdam betonte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium Astrid Klug: "Rumänien hat deutlich gemacht, dass Umweltschutz eine nationale Priorität darstellt, die als Chance für wirtschaftliche Innovation und nicht als Wachstumsbremse begriffen wird." Noch immer bestehe umfangreicher Bedarf für Umweltinvestitionen sowie die Verbesserung von Bildung, Ausbildung und den Aufbau der Verwaltung im Umweltschutz. "Hier möchten wir über Beratung und Know-how-Transfer gerne weiterhin eng mit Rumänien zusammenarbeiten", so Klug.