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14.01.2009

Mit mehr Gas im Tank

Eine Messe für das Jubiläum: Die zehnte Fachtagung "Erdgas-Umwelt-Zukunft" findet auf der Leipziger Energiemesse enertec (27. bis 29. Januar 2009) statt. Veranstaltet wird das Symposium von der HTWK Leipzig, dem Hallenser Erdgasversorger Mitgas und Buderus Heiztechnik. Im Fokus steht diesmal die Energieeffizienz. Erdgas im Tank ist ein alter Hut. Schon 1860 fuhr der Belgier Étienne Lenoir das weltweit erste Gasauto Probe. 16 Jahre später wurde der erste Viertaktmotor mit einem Erdgasgemisch betrieben – lange vor jeder Benzin- und Dieseldroschke. Dennoch geriet die umweltfreundlichste aller fossilen Kraftstoffarten später beinahe in Vergessenheit - vor allem in Deutschland. Mit derzeit gut 70.000 Erdgasautos, die immerhin an 800 Erdgaszapfsäulen nachtanken können, rangiert die Bundesrepublik international nur auf Rang 16. Doch mittlerweile erhöht sich nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes die Nachfrage nach der preiswerten Spritalternative sprunghaft - pro Jahr um gut 40 Prozent.

Zu den deutschen Automobilherstellern, die diesen Trend erkannt haben, gehört Opel. Ein Team um Andreas Jauss, den leitenden Entwicklungs-ingenieur von Erdgasautos - im Fachjargon CNG-Fahrzeuge genannt -, brachte erst jüngst einem Turbo-CNG für den Zafira auf den Weg. Der leiste mit 1,6 Litern Hubraum bei derselben Dauerhaltbarkeit wie Benzin- oder Dieselmotoren bis zu 150 PS, versichert Jauss. Während jedoch Dieselmotoren wegen der Abgas-Nachbehandlung immer teurer würden, sinke der Preis von Erdgasmotoren tendenziell.

Über diese und weitere Entwicklungen, Tendenzen und Optionen beim Einsatz von Methangas in Kraftfahrzeugen berichtet der Opel-Experte am 29. Januar im Congress Center Leipzig auf der traditionellen Fachtagung "Erdgas-Umwelt-Zukunft". "Als passenden Rahmen für das Jubiläum haben wir uns diesmal die Leipziger Energiemesse enertec gewählt", informiert HTWK-Prorektor Professor Dr. Michael Kubessa, der das Symposium wie in den Vorjahren moderiert. Wie die enertec, die vom 27. bis 29. Januar stattfindet, thematisiert die Fachtagung ganzheitliche Energielösungen und effiziente Konzepte, die auf eine zukunftsfähige Energieversorgung gerichtet sind.



Der Wissenschaftler, der an der Leipziger Hochschule den Lehrstuhl Versorgungs- und Entsorgungstechnik leitet, rechnet erneut mit rund
250 Teilnehmern aus Forschung und Praxis. Zur avisierten Zielgruppe der Tagung gehören Ingenieurbüros, Architekten, Versorgungsunternehmen, Vertreter von Bildungseinrichtungen, Wohnungsbaugesellschaften und Heizungsbauunternehmen sowie interessierte Gewerbe- und Industrie-vertreter. "Wir wollen hier neue Erfahrungen und Erkenntnisse vorstellen sowie über die Entwicklung innovativer Technologien rund um das Thema Erdgaseinsatz diskutieren", so Professor Kubessa. Im Fokus der Ver-anstaltung stehe diesmal das Kapitel Energieeffizienz, zum Beispiel in Bezug auf eine rentablere Gebäudeenergieversorgung. Für das Auftaktreferat wurde deshalb Stephan Kohler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur (dena), gewonnen. Er wird die Tagungsteilnehmer mit den aktuellen Strategien für künftige Energieeffizienzmärkte in Deutschland vertraut machen.

Energetische Vollversorgung durch Erdgas?

In Sachen Effizienz komme die Energiebranche am Erdgas nicht mehr vorbei, ist Kubessa überzeugt. Der optimale Energiemix der Zukunft, der unter Einhaltung der CO2-Ziele die geringsten volkswirtschaftlichen Kosten verursacht, werde zu einem großen Teil aus Erdgas bestehen. Der Leipziger Energiewissenschaftler verweist auf Modellprojekte, wonach es heute bereits möglich sei, die energetische Vollversorgung sämtlicher privater Haushalte sowie der Industrie in Deutschland über Erdgas abzusichern. Hierzu gehörten neben der Stromproduktion auch die Erzeugung von Wärme und die Versorgung der Fahrzeugparks über Erdgastankstellen.

Bisher deckt Erdgas knapp 23 Prozent des Primärenergiebedarfs in Deutschland. Am Energieverbrauch hat es einen Anteil von annähernd 27 Prozent. Experten erwarten, dass diese zentrale Bedeutung für die Energieversorgung, die Erdgas damit jetzt schon einnimmt, weiter steigt. Das Hamburger Weltwirtschaftsinstitut hat beispielsweise errechnet, dass sich allein der Anteil von Erdgas bei der Wärmeversorgung in Deutschland bis 2020 um weitere zehn Prozent auf 56 Prozent erhöht. Damit trage dieser Energieträger zu einer Reduzierung des CO2-Ausstoßes um 8,3 Prozent bei.

Auch Professor Kubessa unterstreicht die klimapolitischen Aspekte beim Einsatz von Erdgas. Es sei unter den fossilen Energieträgern der mit Abstand umweltfreundlichste, da es den geringsten Kohlenstoffanteil aufweist. Und weil Erdgas in der Regel vollständig verbrennt, emittiere es faktisch weder Treibhausgase noch andere Schadstoffe wie Schwefeldioxid oder Rußpartikel. Nicht zuletzt wertet er Erdgas als die wichtigste Brückenenergie im Übergang von fossilen zu erneuerbaren Energien. "In Kombination mit erneuerbaren Energien und moderner Technik wie der Kraft-Wärme-Kopplung kann Erdgas weitere Vorteile bei Umweltfreundlichkeit und Effizienz realisieren", erläutert er.

Auch die Bundesregierung habe auf ihrer Klausurberatung 2007 in Meseberg mit ihrem integrierten Energie- und Klimaschutzkonzept (IKS) ein umfassendes Maßnahmenpaket geschaffen, das die Rolle von Gas für eine verbesserte Energieeffizienz über Kraft-Wärme-Kopplungs-Technologien (KWK) sowie im Zusammenspiel mit erneuerbaren Energien würdige, betont Professor Kubessa. Er selbst widmet sich dazu auf der Leipziger Tagung der Effizienz von KWK im Gebäudebereich. Den Knackpunkt sieht er darin, dass über die hier vorhandene Technik doppelt so viel Wärme wie Strom erzeugt wird. Ohne einen Abnehmer für jene Wärme sei ihr Einsatz damit unrentabel, gibt er zu bedenken.

Als wichtige Zwischenetappe zur effizienten Nutzung von Erdgas in Blockheiz-kraftwerken für Mehrfamilienhäuser oder kleinere Gewerbebetriebe sieht er den Einsatz von gasbetriebenen Stirling-Mikro-KWK-Anlagen. In zwei bis drei Jahren, so der Experte, werde es die ersten marktfähigen und bezahlbaren Lösungen geben. Einen Erfahrungsbericht aus der Testphase einer solchen Anlage liefert auf der Leipziger Tagung Lucas Ronzheimer von der BBT Thermotechnik GmbH in Wetzlar.

Der Wissenschaftler Kubessa geht davon aus, dass bereits 2020 rund ein Zehntel des deutschen Gasbedarfs durch Biogaseinspeisungen abgedeckt wird. Hierzu müsse das in Biogasanlagen erzeugte Methan aber noch speziell zu Bioerdgas aufbereitet werden - was sich nur bei großen Mengen rechne. Gerade dafür biete jedoch die ostdeutsche Landwirtschaft mit ihren traditionell großen Flächeneinheiten sehr günstige Voraussetzungen.

Erst zu Jahresbeginn war im sachsen-anhaltischen Könnern bei Halle die bundesweit größte Aufbereitungsanlage für Biogas in Betrieb gegangen. Hier werden jährlich rund 50.000 Tonnen Gülle, Getreide und Maissilage zu Biogas verarbeitet. Dieses wird anschließend zu Bioerdgas veredelt und in das Netz der Mitgas Mitteldeutsche Gasversorgung GmbH eingespeist. Die in Könnern erzeugte Menge reiche aus, um 2.000 Einfamilienhäuser mit Wärme und Warmwasser zu versorgen. "Das ist ein wichtiger Zukunftstrend, der auf unserer Tagung zur enertec eine Rolle spielen wird", so der Professor der Leipziger HTWK.


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