Das Bäcker- und Konditorenhandwerk bringt seine Läden in Schwung: Betriebe, die ihren Typ verändern wollen, sollten klotzen statt kleckern Eine Theke und ein paar Regalbretter für die Backwaren, fertig ist der Laden? Das war einmal. Immer mehr ambitionierte Bäcker investieren gezielt in das Erscheinungsbild ihrer Verkaufsräume, um Produkte und die eigene Marke verführerisch zu inszenieren. Gastronomie und unternehmungslustige Quereinsteiger haben vorgemacht, wie man mit erfrischend neuen Ladenbaukonzepten Gäste und Kunden für sich gewinnt. Bäcker und Konditoren wollen von diesem Kuchen etwas abhaben. Das Neue daran: Die Übergänge zwischen Verkauf und Gastronomie werden fließender, die Verlockungen vielfältiger. Der Bäcker betreibt im Laden zusätzlich eine Kaffeebar, eine Eisdiele mit eigener Produktion, eine komfortable Lounge oder alles zusammen. Gleichwohl geht es nicht darum, sich irgendeine „trendige“ Kulisse überzustülpen. Der Laden sollte die Philosophie des Betreibers widerspiegeln, eingebettet in ein ganzheitliches Konzept – vom Warenangebot bis zum Werbematerial. Die neuesten Anregungen dazu liefern Ladenbauer, Einrichter und Ausstatter auf der südback vom 18. bis 21. Oktober auf dem Gelände der Neuen Messe Stuttgart.
Bäckermeister Udo Raisch aus Calw hat die Zeichen der Zeit erkannt. Als er seine Produktionsstätte mit kleinem Laden in ein Industriegebiet verlegte, war er überrascht von der starken Nachfrage nach Snacks und Mittagessen. Er investierte 1,2 Millionen in einen Anbau mit Profi-Küche, einen Gästebereich mit 100 Sitzplätzen und baute eine Terrasse an, die weiteren 60 bis 80 Gästen ein Freiluftvergnügen bietet. Auch der Nebenraum für Feiern und Familienfeste mache sich bezahlt, sagt Raisch. Ein ansprechendes Ambiente, das sei ihm besonders wichtig gewesen: „Wir wollten keine Billigschiene. Unser Erscheinungsbild soll dem Kunden ein Einkaufserlebnis vermitteln und Qualität.“ Sein Rezept: edle Materialien, attraktives Design und eine einladende Beleuchtung. Inzwischen hat Raisch an einem weiteren Standort in Weil der Stadt auf 250 Quadratmeter ein Gastro-Café eingerichtet und kommt in beiden Filialen auf insgesamt 350 Mittagessen täglich. „Der Brotmarkt wächst, allerdings nur im Discounter“, begründet Raisch die neuen Ambitionen als Gastro-Bäcker. Brot sei auch weiterhin die Hauptkompetenz der insgesamt zehn Filialen, aber der Trend gehe eindeutig zum Snack-Geschäft.
Süße Edel-Snacks sind die Spezialität von Konditor Florian Löwer aus Aschaffenburg. Seine Pralinen und Schokoladen sollen gekonnt in Szene gesetzt werden. Aber beim Gedanken an klassische gewölbte Glasvitrinen, Papierspitzendeckchen und Zellophanbeutel mit lila Schleifchen bekommt der 28-Jährige Gänsehaut. Das ist ihm alles viel zu bieder. Der Gärtnersohn, der in seiner Confiserie gerne Kräuter verarbeitet, probt in seinem Laden direkt neben der Gärtnerei einen Bruch mit überkommenen Konditorei-Klischees. Die dominierenden Farben sind Grasgrün und Torfbraun. An eine minimalistische Theke mit klaren Linien und einer schlichten Glasvitrine schließt sich ein schlanker Tresen mit ein paar Hochstühlen an. Hinter Glas stehen still und streng aufgereiht wie die Soldaten Löwers Schmuckstücke aus seiner Patisserie. „Ich habe mich bei der Einrichtung an den großen Chocolatiers orientiert. Die sind auch geradlinig und peppig. Mir war außerdem wichtig, dass die Theke auch mobil einsetzbar ist“, sagt Florian Löwer, der für die Umsetzung die Augsburger Ladenbauer AHA!-Einrichtungen engagiert hat.
AHA!-Geschäftsführer Michael Mayer sieht Riesenchancen für das Konditoren - und Bäckerhandwerk, wenn sie sich denn trauen. Und manche Bäcker trauen sich ganz schön was: Zum Beispiel ein 8000 Liter-Aquarium in eine Bäckerei-Caféteria einzubauen, in dem unter anderem die bei Kinder beliebten Clown-Fische schwimmen. Es muss aber nicht gleich so spektakulär sein. Manchmal genüge es, eine in die Jahre gekommene Bäckerei umzubauen und als neues Zugpferd zum Beispiel die Kaffeebar eines deutschen oder italienischen Rösters zu integrieren. Nach einer Schulung sei das Personal dann in der Lage, die Kaffeespezialitäten aus dem Halbautomaten gekonnt zuzubereiten. Wenn dann auch noch die Atmosphäre stimmt, ist schon viel gewonnen. Licht, richtig eingesetzt, gehört zu den einfachsten und gleichzeitig effektvollsten Stimmungszauberern. Dank neuer Techniken lassen sich Backwaren und Pralinen gezielt beleuchten, ohne sie zu erwärmen. Licht schimmert indirekt hinter Wandverkleidungen hervor oder lässt farbig verglaste Tresen leuchten. Moderne energiesparende LED-Technik macht derartige Lichteffekte erschwinglich.
„Wenn ich es richtig anstelle, kann ich es so organisieren, dass das Geschäft den ganzen Tag läuft“, sagt Ladenbauer Michael Mayer. Zum Beispiel habe Brantnerbäck aus Schramberg auf diese Weise seinen Umsatz nach dem Umbau innerhalb von sechs Wochen verdoppelt. Die Bäckerei sieht einladend aus: Naturstein an den Wänden, dunkles Holz, warmes Licht hinter Milchglas. Direkt neben der Theke mit appetitlich beleuchteter Ware lädt eine schicke Bar zum Verweilen ein. Von dort aus hat das Personal freie Sicht in den angrenzenden Gastraum, der optisch mit jedem Trend-Lokal mithalten kann. Gingen früher täglich 30 Tassen Kaffee über den Tresen, sind in dem neuen Ambiente 200 bis 300 drin.
Die südback auf dem Gelände der Neuen Messe Stuttgart beim Flughafen öffnet vom 18. bis 21. Oktober 2008 täglich von 9 bis 18 Uhr.
Mehr Informationen unter http://www.suedback.de