Qualität und ein unverwechselbares Firmenimage spielen beim Marketing im Bäckerhandwerk eine große Rolle / Auf der südback gibt es dazu viele Ideen Brotverkauf bedeutet inzwischen viel mehr als einen Laib über den Tresen zu schieben – geschnitten oder am Stück. Da passiert etwas. Es geht um dieses Gefühl und eine Botschaft: Schau, ich habe hier ganz sorgfältig ein Stück echter Handwerkskunst für dich aus meinen besten Zutaten gebacken. Das schmeckt und tut dir gut. Probier mal. „Brot wird zum Lifestyle-Produkt“, sagt der Frankfurter Gastronomie-Berater Pierre Nierhaus, der auf Reisen rund um den Globus die neuesten Restaurants- und Shop-Trends aufspürt. Gerade in den USA und in Asien bekomme Brot einen neue Wertigkeit. Was Ideen, innovative Konzepte und Marketing angeht, könne sich die Brot-Nation Deutschland von den Kollegen aus dem Ausland eine Scheibe abschneiden. „Der Blick über den Tellerrand lohnt immer, auch auf Messen“, sagt Nierhaus. Zum Beispiel auf der Fachmesse für das Bäcker- und Konditorenhandwerk südback vom 18. bis 21. Oktober in Stuttgart.
Aber wie kann modernes Bäcker-Marketing aussehen? Im Mailand macht es Edel-Bäcker Princi vor. Princi zelebriert Brot. Das Leitmotiv: Feuer, Wasser, bestes Mehl – das Wesentliche also. Eine schlichte Botschaft, die selten eleganter verpackt worden ist. Das macht der Internetauftritt deutlich und der Laden sowieso: einfache Formen, Naturbaustoffe, Bäcker bei der Arbeit hinter Glas, ein langer Tresen aus Porphyr, an dem die Kunden rund um die Uhr bei erstklassigem Cappuccino oder Espresso, bei Foccacia und süßen Stückchen, den Duft frischen Brotes inhalieren. Die italienische Presse ist entzückt. Princi selbst: „Man hat als Kunde den Eindruck, man sitzt im Theater und die Mitarbeiter sind die Protagonisten.“ Die Panetteria arbeitet 24 Stunden im Schichtbetrieb. Die Crew trägt ein eigens für sie entworfenes einfaches Outfit von Giorgio Armani. Der Mode-Designer zählt zu den Kunden des Hauses. Alles strahlt mit scheinbar lässiger Selbstverständlichkeit Qualität aus. Und auch Markenfetischisten kommen auf ihre Kosten: Ein mit Princi-Schriftzug bemehltes Brot macht so viel her wie eine Gucci-Tasche – schmeckt aber besser und ist viel günstiger. Übrigens: Italien ist in diesem Jahr Partnerland auf der südback.
„Billig“ ist jedenfalls aus dem Wörterbuch des ambitionierten Backhandwerks gestrichen. Viel mehr gilt es, ein Einkaufsambiente zu schaffen, das eine Verschnaufpause vom Alltagsstress bietet, ein Stück Genuss zum Mitnehmen und Qualität verspricht. Dabei sind der Phantasie mittlerweile keine Grenzen gesetzt. Längst haben Gastronomen Brot als attraktives Zugpferd für sich entdeckt. Zum Beispiel die Panetteria Oliv in Essen. Im La Maison du Pain in Frankfurt am Main sind ein Caterer und ein Bäcker die Gastgeber. Beide Konzepte setzen auf mediterrane Lebensart. La Maison du Pain serviert in der angegliederten Brasserie belegte Baguette-Hälften, Tartines genannt, Sandwiches und die Portion Ferienambiente gibt's gratis oben drauf. Da kann das Brot holen schon mal länger dauern.
In den USA und Asien boomen europäische Back- und Konditoreiwaren, insbesondere deutsche Rezepturen, zum Beispiel bei der Kette Bread Talk aus Singapore mit ihrer gläsernen Bäckereien oder Amy's Bread in New York, wo es donnerstags Fünf-Körner-Brot und Pumpernickel gibt. Amy's serviert außerdem Sandwiches, Kekse und Kuchen. Auch Bread Talk hat ein beachtliches Tortensortiment. Der deutsche Konditorenweltmeister Bernd Siefert entwirft zusammen mit Spitzenkoch Kolja Kleeberg für die japanische Patisserie-Kette Meister Juchheim, regelmäßig neue Kollektionen. Momentan im Programm: Frühling in den Alpen. Die Motive: Ein Berg, eine Dorfkirche, eine Kuh zum Anbeißen, alle etwas stilisiert. In Japan, wo süße Mitbringsel zum guten Ton gehören, sind die exotischen deutschen Kleinigkeiten ein Renner.
In Deutschland arbeiten viele Bäcker und Konditoren noch schwer daran, ihre Reize und Qualitäten marktgerecht zu vermitteln. „Und dass, obwohl sie hervorragende Produkte zu bieten haben“, sagt Marketing-Expertin Elke zu Münster vom Brotbüro in Hohenweststedt nördlich von Hamburg. Wie in der Küche, so auch im Brotkorb: Verbraucher haben immer mehr Appetit auf Spezialitäten aus regionalen Zutaten, wollen mehr über die Herkunft der Rohstoffe und ihre Verarbeitung wissen. Ein Trend, der vielen Bäckern die Chance bietet, ihre lokale Kompetenz hervorzuheben. „Jeder Backbetrieb hat eigentlich eine Besonderheit, es gilt nur diese zu erkennen und marketingstrategisch einzusetzen. Einigen fällt das vor Betriebsblindheit selber gar nicht mehr auf oder aber sie verzetteln sich mit lauter kleinen Besonderheiten“, sagt Elke zu Münster, die auf der südback Beispiele zur Vermarktung von Bio-Backwaren vorstellt. Einer ihrer Kunden verwende sogar das Mehl aus der eigenen Windmühle. Das inzwischen jährlich an Pfingstmontag stattfindende Mühlenfest sei zum Selbstläufer geworden und löse ein beachtliches Medienecho aus. Eine gute Gelegenheit, gleichzeitig das Bio-Sortiment des Mühlenbäckers zu bewerben. Schließlich ist Bio gerade in aller Munde. Zu Münster: „Wer Bio anbieten will, der sollte es richtig machen und voll dahinter stehen.“ Das heißt, ein Bio-Brotsortiment sollte bei vier verschiedenen Produkten anfangen, sonst lohne sich der Aufwand für die Bio-Zertifizierung kaum und das Angebot lasse sich nicht vernünftig anpreisen.
In der Bio-Bäckerei seit 30 Jahren ein alter Hase, im Marketing ein Fuchs – mit dieser Mischung hat es die Bäckerei Härdtner in Neckarsulm und Umgebung zur regionalen Marktführerschaft gebracht. Seit neuestem wirbt das Unternehmen mit seinen besten Mitarbeitern großflächig auf Bussen für seine Handwerksqualität. „Wir verwenden nur unseren eigenen Sauerteig, wir gönnen dem Teig die Ruhezeiten, die er braucht, wir schälen unsere Äpfel alle von Hand. Wir kennen die Felder, auf denen unser Getreide steht, wir arbeiten mit den Mühlen zusammen, die das beste Mehl für uns mahlen“, sagt Marc Härdtner, der für das Marketing im Haus zuständig ist.
Eines der leckersten Marketing-Tools überhaupt: neue, pfiffige Produkte. Ein österreichischer Bäcker mischt Trockenäpfel ins Brot. Fritz Daxenbichler bäckt jedes in einer Holzschale und verkauft diese als Verpackung für sein Bramberger Apfelbrot gleich mit. Mit frischer Butter soll es besonders köstlich sein.