Musikwissenschaftliche Sensation auf der Frankfurter Musikmesse - Letztes Klavierstück Beethovens nach 182 Jahren wieder entdeckt Eine Neuveröffentlichung von absolutem Seltenheitswert wird der Weltöffentlichkeit vom Musikverlag Inter-Note auf der diesjährigen Frankfurter Musikmesse präsentiert.
Eine Klavierkomposition, die Beethoven ein halbes Jahr vor seinem Tod verfasste und die bislang unerklärlicherweise von der Fachwelt übersehen wurde, tauchte im vergangenen September auf. Ein Musikwissenschaftler entdeckte sie bei Forschungsarbeiten zu Beethovens letztem Streichquartett in einer Randnotiz. In dem so genannten „Kullak Skizzenbuch“, das in der Staatsbibliothek Berlin in einem Tresor wie ein Schatz gehütet wird, entwarf Beethoven zum Beispiel das erwähnte Streichquartett op.135.
Beethoven hatte die Angewohnheit, spontane Ideen stets dort niederzuschreiben, wo er gerade Platz fand - auch wenn die betreffende Idee ohne jeglichen Bezug zu den anderen Skizzen war, so auch in diesem Fall.
Das Problem für die Nachwelt: Beethovens Schrift war selbst für Zeitgenossen kaum leserlich, dazu noch übersät mit Korrekturen, Tintenklecksen und Kaffeeflecken. Aus diesem Gewirr von Notizen, musikalischen Ideen, verworfenen Takten und andern Informationen einen sinnvollen Notentext herauszulesen, und diesen auch von unbedeutenden Fragmenten zu unterscheiden, bedarf ganz besonderer Fachkenntnisse.
Auch das nun entdeckte Klavierstück wirkt auf den ersten Blick wie eine unvollständige Randnotiz. Bei genauerem Hinsehen entdeckte der australische Musikwissenschaftler Prof. Peter McCallum jedoch, dass es sich hier um ein Klavierstück handelt, das kein Fragment, sondern ein in sich geschlossenes Werk ist. Ein kleines Stück mit 32 Takten, ganz nach Art der „Bagatellen“. Diese kleinen Klavierstücke komponierte Beethoven gegen Ende seines Lebens. Sie galten bislang als seine letzten Klavierwerke.
Der Tatsache, dass Beethoven seine letzten Jahre in völliger Taubheit verbrachte, verdankt die Musikforschung einen unvergleichlichen Einblick in sein Leben. Sämtliche Gespräche wurden schriftlich geführt in so genannten „Konversationsheften“, die auch flüchtige Gedanken, Ideen, Einkaufslisten, Termine usw. festhielten. Weiterhin benutzte Beethoven zwei Arten von musikalischen Skizzenbüchern, einerseits großformatige Bücher für ausführliche Entwürfe seiner Kompositionen, andererseits kleine Taschenbücher, die er immer mit sich führte und in denen er alle musikalischen Einfälle sofort festhielt. Durch diese Fülle von Dokumenten ist es möglich, sämtliche Skizzen sehr präzise zu datieren. Und die Tatsache, dass die Musikwissenschaft seit über 150 Jahren akribisch und systematisch in diesen Quellen geforscht hat, macht die Entdeckung dieses kleinen Klavierstücks in
f-Moll zu einer Sensation.
182 Jahre nach Beethovens Tod tauchte es wieder auf, und schon kurze Zeit später liegt nun die kritische Erstausgabe vor, die der junge Musikverlag Inter-Note in Zusammenarbeit mit Prof. McCallum auf den Markt bringt. Eine solche Entdeckung gilt in der Fachwelt als ein besonderes Ereignis, und man darf davon ausgehen, dass die Resonanz auf die konzertante Vorstellung des Werkes am 1. April 2009 auf der Frankfurter Musikmesse beträchtlich sein wird.
Philipp Marguerre, der als ausgebildeter Pianist und Arrangeur für Inter-Note verantwortlich ist für Recherche, Quellenforschung und Notensatz, bekam von der Staatsbibliothek Berlin dankenswerterweise eine Sondergenehmigung, um die kostbare Handschrift in Augenschein nehmen zu können. „Natürlich ist es bei einer derartigen Entdeckung unerlässlich, die Echtheit des Werkes auf Herz und Nieren zu überprüfen“, bestätigt der Geschäftsführer und Initiator des Projektes, Jens Schlichting. Viele kritische Nachfragen zur Echtheit des Werkes veranlassten ihn und Prof. Peter McCallum aus Sydney zu äußerst sorgfältigen Nachforschungen.
Nach monatelanger Zusammenarbeit ist nun eine sehr sehenswerte Erstausgabe entstanden. Sie enthält neben dem Notentext auch die handschriftlichen Fragmente und einem ausführlichen Einleitungstext, der detailliert über Herkunft und musikwissenschaftliche Einordnung des Werkes berichtet.
Auf der Website des Verlages kann man das Heft als Vorschau betrachten, virtuell in den Noten blättern und im Hintergrund sogar einige Takte der ersten CD-Einspielung, die die Ehefrau des australischen Musikwissenschaftlers, die Pianistin Stephanie McCallum, kurz vor der Drucklegung auf den Markt gebracht hat, hören.
Auf der Frankfurter Musikmesse wird das Klavierstück auf dem Messestand des Inter-Note Verlages in Halle 3.1, Stand A25A erstmalig live präsentiert.
Der Verlagsleiter Jens Schlichting, der auch Konzertpianist und Komponist ist, wird es am 1. April um 17.00 sowie am 2. April um 12.30 und 16.00 Uhr aufführen.