Vor 50 Jahren hob das weltweit erste Kunststoffsegelflugzeug ab - Pioniere sind Ehrengäste der COMPOSITES EUROPE in Stuttgart

12.12.2008 | 67412
Weltpremiere in Schwaighofen:
Leicht, leistungsfähig und lautlos: Vor genau 50 Jahren, am 27. November 1957, hob das weltweit erste aus faserverstärkten Kunststoffen gefertigte Flugzeug ab. Es war die „FS 24 Phoenix“: Ein Segelflugzeug, entwickelt, konstruiert und gebaut von drei Pionieren, von denen zwei noch heute unweit der Neuen Messe Stuttgart wohnen. Hier findet vom 6. bis 8. November die COMPOSITES Europe statt. Mit dabei sind auch die beiden Ur-Väter des weltweit ersten faserverstärkten Segelflugzeugs.


Die Welt hielt den Atem an, als im Oktober 1957 vom sowjetischen Weltraumbahnhof Baikonur der erste Sputnik startete und das Zeitalter der Raumfahrt einläutete. In Schwaighofen dagegen ging es sieben Wochen später vergleichsweise lautlos zu, als am 27. November 1957 der Pilot Hermann Nägele mit einem Flugzeug abhob, das ebenfalls Geschichte schrieb. Leicht war der Segler. Gerade einmal 95 Kilogramm wogen beide Flügel, auf etwas mehr als 60 Kilogramm brachte es der Rumpf des Leichtgewichtes, das mit einer Spannweite von 16 Metern am frühen Nachmittag zu einem Windenschlepp abhob und nach neun Minuten wieder landete. Insgesamt zwei Jahre hatten der Konstrukteur Hermann Nägele und der Mathematiker und Aerodynamiker Richard Eppler, auf diesen Tag hingearbeitet, der Mechanikermeister und Pilot Rudolf Lindner war im zweiten Jahr dazugekommen, als die Entwicklung in einer kritischen Phase war.

Der Erstflug der „FS 24 Phoenix“ war geglückt: Ein Meilenstein für den Einsatz von so genannten Kompositen in der Luftfahrt: „Wir waren fasziniert von diesem Material, das eine bis dahin fast unmögliche aerodynamische Formgebung und Obenflächengüte ermöglichte und geradezu sensationelle Festigkeitsswerte aufwies“, so der heute 83jährige Richard Eppler, der von 1968 bis zu seiner Emeritierung 1989 als Professor und Direktor des Instituts Mechanik A an der Universität Stuttgart lehrte und forschte.

Nach einer Weltpremiere hatte es anfangs nicht ausgesehen. Denn bis zur Erteilung einer vorläufigen Fluggenehmigung für den „Plastik-Segler“ war es ein langer Weg, der sich über zwei Jahre erstreckte. „Von Kunststoff wussten wir zunächst nichts“, so der passionierte Flieger, der noch heute regelmäßig seine Runden dreht. Ursprünglich hatten die beiden Mitglieder der Akademischen Fliegergruppe (Akaflieg) Stuttgart ein Segelflugzeug mit dem unkonventionellen Hauptwerkstoff Balsaholz konstruiert, dessen Oberfläche durch eine Deckschicht aus verleimtem Papier verstärkt werden sollte. Das Landesgewerbeamt Baden-Württemberg bewilligte der Akaflieg Stuttgart Mittel für diese Entwicklung. Während normalerweise in allen Akafliegs aktive Studenten an neuen Entwicklungen arbeiten war es in diesem Fall möglich, dass in einer Spezialabteiluing ,,alte Herren'' zum Teil hauptamtlich tätig waren, was die normale Entwicklungszeit stark reduzierte.



Während des Bewilligungsverfahrens wurde auf einer Fachtagung über die faserverstärkten Kunststoffe berichtet und Nägele fand sofort, dass dieses Material zumindest für die Deckschicht besser geeignet war als das verleimte Papier.

Es beginnt eine Phase des Experimentierens mit dem neuen Werkstoff. Hunderte von Proben werden von Hermann Nägele, einem akribischen Perfektionisten, der 1996 verstarb, in der neuartigen ,,Sandwich''-Schalenstruktur Baldaholz mit Deckschichten aus Glasfasern und Polyesterharz angefertigt. Es zeigte sich rasch, dass dieses Material leicht so dimensioniert werden konnte, dass der ursprünglich vorgesehene Holm nicht mehr nötig war und eine konsequente Schalenbauweise entstand. Schon nach einem Jahr sind die großflächigen, in Formmulden gebauten Teile fertig. Doch die Krafteinleitung in die Schalen erweist sich als Problem und zunächst als „toter Punkt“.

Die Lösung kommt vom Luftfahrtunternehmen Bölkow, in dem Eppler inzwischen arbeitet. Ludwig Bölkow erkennt instinktiv, welches Potenzial in der Entwicklung von Nägele und Eppler steckt und stellt ihnen mit Rudolf Lindner einen Mechanikermeister zur Seite, der für seine Präzision bekannt ist. Mit den von ihm konstruierten und gefertigten Metallbeschlägen gelingt es, den „toten Punkt“ in der Entwicklung zu überwinden. Zudem ist er der beste Pilot von den dreien.

Der Phoenix sorgt bald für Furore. Viele internationale Fachzeitschriften berichten über ihn. Bekannte Piloten und Fachleute kommen und wollen ihn fliegen, unter ihnen der US-Wissenschaftler Dr. A. Raspet von der Mississippi State University. Er sorgt für einen Lufttransport des Phoenix nach USA, seine Flugvermessung bestätigt die vorausberechneten Leistungen. Zwei weitere Prototypen und sechs Serienflugzeuge werden gebaut. Auch auf Wettbewerben werden überragende Ergebnisse erzielt.

Vom Nachfolgemodell „Phoebus“ werden insgesamt 253 Exemplare in Serie gebaut. Der Siegeszug glasfaserverstärkter Kunststoffe in der Luft- und Raumfahrt hat begonnen. Viele Firmen und Konstrukteure trugen zur Entwicklung bei. Sie war nicht mehr aufzuhalten. Von der Segelfliegerei findet die neue Bauweise zunehmend Eingang in den Bau motorgetriebener Flugzeuge.

Wenn in diesen Tagen der erste Airbus 380 ausgeliefert wird, dann fliegt der Werkstoff, aus dem der schwäbische Segler bestand, ebenfalls ganz vorne mit: Denn Composites, so der Materialbegriff für faserverstärkte Kunststoffe, sind inzwischen aus der Luft- und Raumfahrt nicht mehr wegzudenken. Das zeigt auch die diesjährige COMPOSITES EUROPE, die mit über 200 Ausstellern vom 6. bis 8. November erstmals in Stuttgart stattfindet. Mit dabei sind dann auch die beiden Urväter der Kunststoff-Segler: Richard Eppler und Rudolf Lindner. Für Ihre Leistung auf dem Gebiet der faserverstärkten Kunststoffe erhalten sie den „Composites Pioneer Award“, der erstmalig im Rahmen der COMPOSITES EUROPE vergeben wird.





Firma: Messe Essen GmbH

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