Potenziale einer B2C-Marketingstrategie bei Automobil-Zulieferern

17.09.2009 | 119407
Von Prof. Dr. Klaus Frank, Prof. Dr. Lutz Sommer und Manuel Haug, Hochschule Albstadt-Sigmaringen

In den letzten Jahren konnte ein stetig zunehmender Druck auf Lieferanten im Automobil- Sektor beobachtet werden. Dies trifft nicht nur auf die First-Tier-Lieferanten, sondern praktisch auf die gesamte, dem OEM vorgeschaltete, Supply Chain zu. Die besondere Herausforderung gerade für mittelständische Lieferanten besteht in der Komplexität dieses Drucks: Nicht nur fest vorgeschriebene Kostensenkungen für jedes Geschäftsjahr, sondern auch Verbesserungen bei Produktivität und Innovationsstärke werden durch die OEM gefordert. Im Ergebnis bedeutet dies oft eine einsei- tige Ausrichtung auf eine geringe Anzahl an Automobil-Herstellern, was eine er- hebliche Abhängigkeit von diesen impli- ziert. Wie kann ein Zuliefer-Unternehmen nun seine strategische Bedeutung für den OEM erhöhen und seine Substituierbarkeit reduzieren? Ein Blick in den B2C-Bereich macht deutlich, dass eine Endkunden-ori- entierte Strategie hier erhebliche Chancen bereithält.

Potenzial einer B2C- Marketingstrategie
Eine geschickte Ergänzung des prinzipiell auf den B2B-Bereich ausgerichteten Mar- ketings durch eine B2C-orientierte Stra- tegie ermöglicht es, die Bedeutung des eigenen Unternehmens und seiner Pro- dukte für den Endkunden und damit für den OEM zu erhöhen. Eine Endkunden- Strategie zielt im einfachsten Fall darauf ab, die Nachfrage nach dem Hauptpro- dukt, dem Auto, und damit auch nach Zulieferprodukten zu erhöhen. Im Ausstattungsbereich ist hiermit ein weiteres, direktes Ziel verbunden, nämlich die ge- zielte Steigerung der Nachfrage nach den Produkten des Zulieferers, beispielsweise Soundsystemen, Reifen oder Head-up Dis- plays. Marketing dient insbesondere auch dazu, aktuelle und sich entwickelnde Be- dürfnisse von Endkunden zu erfassen, zu bewerten und in neue Produkte umzu- setzen. Damit bietet eine B2C-Strategie in idealer Weise die Möglichkeit, Impulse des Endkunden aufzunehmen und dem OEM in Form von Innovationen anzubie- ten. Daraus lassen sich auch Ansatzpunk- te ableiten, um die Geschäftsfelder zu di- versifizieren, etwa um verwandte Märkte wie Baumaschinen oder sogar komplett neue Nachfrager-Gruppen zu erschließen.


Entwicklung eines B2C-Marketingkonzeptes
Zunächst ist hier zu klären, welche Mar- keting-Ziele das Zulieferunternehmen verfolgt – dies reicht von einer Steige- rung der Nachfrage nach eigenen Pro- dukten hin zur Entwicklung einer für den Endkunden bedeutsamen Marke des Unternehmens beziehungsweise der Produkte. Auf dieser Grundlage kann der strategische Pfad zur Erreichung der Zie- le definiert und mit geeigneten Maßnah- men umgesetzt werden. Dieser Aspekt stellt auf die Gestaltung eines differen- zierten Marketing-Mix ab, wobei die Be- deutung der Instrumente zwischen B2B- und B2C-Strategien variiert. Preis: bei diesem Instrument sind die Optionen tendenziell eher begrenzt. Der Preis der Kern-Leistung ergibt sich aus Verhandlungen mit dem OEM. Gestal- tungsmöglichkeiten gibt es allerdings bei Zubehör- und Ersatzteilen sowie Updates, die einen direkten Endkundenbezug ha- ben. Indirekt ergeben sich hier auch für die Kernleistung selbst Ansatzpunkte. Vorstellbar sind gemeinsame Aktionen mit dem OEM, in deren Rahmen bestimmte Ausstattungsoptionen zu Sonderkonditio- nen angeboten werden. Distribution: auch hier sind die Möglich- keiten zunächst vergleichsweise limitiert, da beim Vertrieb des Hauptproduktes der OEM maßgeblich ist. Allerdings können für die oben genannten Endkundenpro- dukte selbstverständlich eigene Lösungen gewählt werden, etwa der Vertrieb von Zubehörteilen in Baumärkten oder die Si- cherstellung der Versorgung mit Ersatztei- len innerhalb einer Frist von 24 Stunden.
Produkt: für die Gestaltung des Produktes können sich aus einem Endkunden-Dialog wichtige Erkenntnisse ergeben. Hieraus können sich auch Hinweise auf Innovatio- nen ergeben, die für einen anderen als den Automotive-Sektor interessant sind und neue Kundengruppen erschließen können. Umfangreiche Serviceleistungen für End- kunden wie Hotlines oder Kundenforen stellen einen weiteren Ansatzpunkt dar. Kommunikation: Diesem Instrument kommt sicherlich eine hohe Bedeutung zu, da es eine zielgerichtete Information des Endkunden und somit die Gestaltung seiner Bedürfnisse erlaubt. Studien wei- sen darauf hin, dass der persönliche Dia- log einen erheblichen Einfluß hat – somit empfehlen sich Maßnahmen wie eigene Stände auf Automobilmessen oder In- formationsmappen für Fachjournalisten. Darüber hinaus eröffnet die Zusammenar- beit mit den OEM zahlreiche Chancen. So können die Verkaufshandbücher der OEM hinsichtlich der Zulieferprodukte ergänzt, gemeinsame Broschüren bei besonde- ren Ausstattungen erstellt oder das Fahrzeug sogar mit der Marke des Zulieferers verbunden werden (In- gredient Branding).

Erfolgsfaktoren
Eine Grundvorausset- zung ist sicherlich ein angemessenes Produktsortiment, das für den Endkunden zumindest indirekt erkennbar ist und ihm einen entsprechenden Nutzen bezie- hungsweise Vorteil generiert. Da die Aus- stattung eines Fahrzeugs ein wichtiges Kaufkriterium darstellt, dürfte dies bei direkt erlebbaren Innenraum-Komponen- ten regelmäßig der Fall sein, aber auch bei eher virtuellem Produktnutzen wie etwa Sicherheits-Features. Hersteller unterge- ordneter Komponenten stehen dagegen tendenziell vor größeren Herausforderun- gen. Ebenfalls von herausragender Bedeu- tung ist ein fundiertes Marketing-Know- how. Insbesondere im Mittelstand gibt es hier oftmals Optimierungsbedarf, weshalb zumindest in einer Startphase die Unter- stützung durch externe Beratungsunter- nehmen sinnvoll sein kann. Zwischen den einzelnen Marketing-Mix-Instrumenten existieren vielfältige Abhängigkeiten, ins- besondere auch zwischen B2C- und B2B- Strategien, welche sorgfältig abzustim- men sind. Darüber hinaus wird für eine erfolgreiche B2C-Strategie in der Regel immer die Unterstützung des OEM erforderlich sein, da Widerstände auf nachge- lagerten Marktstufen vermieden werden sollten.

Fazit
Lieferanten im Automobilbereich unter- liegen einem zunehmenden Druck durch OEM. Um die Bedeutung des Unternehmens für den OEM beziehungsweise First- Tier zu steigern und somit Substituierbarkeit zu reduzieren, kann ein Zulieferer bei einem geeigneten Produktsortiment sein Marketing auch auf den Endkunden
ausrichten, um so auf dessen Bedürfnis- se und damit das Nachfrageverhalten Einfluss zu nehmen. Darüber hinaus ergeben sich aus einem solchen B2C-orientierten Vorgehen oftmals wichtige Anhaltspunkte für die Produktgestaltung, die der Lieferant sowohl dem OEM als auch neuen Kundengruppen im Sinne einer Diversifikationsstrategie anbieten kann.




weiterführende Infos / Links :
Hochschule Albstadt-Sigmaringen
Wirtschaftsingenieurwesen
Dipl. Kfm. Manuel Haug
Jakobstrasse 6
D-72458 Albstadt
Fon: +49-7571-732 9504
Fax: +49-7571-732 9214
Email: haug@hs-albsig.de
Internet: www.hs-albsig.de/wiw


Anmerkungen:



Firma: Verlag Elisabeth Klock

Kontakt-Informationen:
Ansprechpartner: Elisabeth Klock
Stadt: Stadecken-Elsheim
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IAA, Zulieferer ...


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Über den Autor

Die Aktivitäten des Studiengangs Wirtschaftsingenieurwesen der Hochschule Albstadt-Sigmaringen beinhalten drei Schwerpunkte: neben der bereits mehrfach mit Auszeichnungen bedachten Lehre stehen anwendungsorientierte Forschung sowie Wissenstransfer insbesondere in kleine und mittlere Unternehmen (KMU) im Vordergrund. Inhaltlich liegt der Fokus in diesen Segmenten auf der Automobilwirtschaft. Durch den interdisziplinären Charakter des Studiengangs, welcher betriebswirtschaftliche Aspekte mit ingenieurwissenschaftlichen Fragestellungen verbindet, kann sowohl Studierenden als auch den Partnern in der Wirtschaft ein breites Spektrum an Problemlösungen angeboten werden. Diese reichen von der Analyse alternativer Antriebstechnologien bis hin zur Entwicklung ganzheitlicher Marketingkonzepte. Prof. Dr. Klaus Frank lehrt im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen in den Bereichen Marketing, Produkt- und Projektmanagement und war bis zu seiner Berufung als Professor u.a. als Director Marketing-Strategie für die Aerospace-Sparte der Daimler AG tätig. Prof. Dr. Lutz Sommer hat im Laufe seiner beruflichen Laufbahn Führungspositionen in mehreren Konzernen bekleidet, u.a. bei der Jungheinrich AG. Er ist im Studiengang Inhaber der Professur für Internationales Management und hat bereits eine Vielzahl von Forschungs- und Unternehmensprojekten erfolgreich durchgeführt. Dipl. Kfm. Manuel Haug ist Assistent im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen und in zahlreichen Forschungs- und Praxisvorhaben als Projektkoordinator tätig.

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